Das Ehrenkreuz des Abtes von Stift Lilienfeld
© Jörg C. Steiner
Seit dem Jahre 1980 verleiht der jeweilige Abt des Zisterzienser-Stiftes Lilienfeld, das rund 30 km südlich der Landeshauptstadt St. Pölten in Niederösterreich (A-3180 Lilienfeld) gelegen ist, ein Ehrenkreuz ("Cruce Honoris") in drei Stufen um Personen, die sich um das fast 800 Jahre alte Stift verdient gemacht haben besonders auszuzeichnen.
Vorgeschichte
Im April des Jahres 1975 kam es zur ersten Kontaktaufnahme zwischen dem Ehepaar Welten aus Wien mit dem damaligen Abt des Stiftes, Dr. Norbert Mussbacher, der nun zum ersten Male folgende Geschichte erfuhr. Ing. Edmund Welten war in den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 als Unteroffizier der deutschen Luftwaffe der letzte Verwalter eines damals im Stift untergebrachten Materialdepots. Im April 1945 erhielt er von einem SS-Kommando, welches im nahen Steinbruch gerade mehrere deutsche Soldaten exekutiert hatte, den Befehl das Stift samt dem darin gelagerten Materials zu sprengen. Ing. Welten kam diesem Befehl - "selbstverständlich" wie er später schrieb - nicht nach. Er evakuierte, zusammen mit dem Prior Justin Fitz und dem Verwalterehepaar Wiesbauer, nach Abrücken der deutschen Befehlshaber und vor dem Eintreffen der russischen Besatzer die noch anwesenden Ordensbrüder und es gelang auch eine, wahrscheinlich von der NS-Kreisleitung gelegte, auf dem Dachboden über dem Presbyterium der Kirche gefundene, Bombe unschädlich zu machen. Auf ausdrücklichen Wunsch von Abt Dr. Mussbacher verfasste also Ing. Welten einen Bericht über diese letzten Kriegstage und die Rettung des Stiftes vor der Zerstörung. Der Abt zeigte sich von diesem Bericht sehr beeindruckt und nahm ihn zum Anlass, endlich einen langgehegten Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen, nämlich Personen, die sich um das Wohl des Stiftes verdient gemacht hatten, einen sichtbaren Dank abzustatten.
Stiftung und Verleihung
Aus Anlass des 750jährigen Jubiläums der Weihe von Stiftsbasilika und Kloster Lilienfeld im Jahre 1980 stiftete der Abt Dr. Norbert Mussbacher das Ehrenkreuz des Stiftes Lilienfeld in drei Graden und zwar in Gold, Silber und Bronze. Die Verleihung erfolgt durch den jeweiligen Abt und zwar erstmalig am 29. November 1980. Leider war diese erste Verleihung durch den Tod von Ing. Edmund Welten überschattet - der begeisterte Segelfluglehrer war am 1. Mai 1977, knapp nach Vollendung seines 70. Lebensjahres, bei einem Absturz ums Leben gekommen und so war er zwar der Anlassfall zu Stiftung konnte diese Auszeichnung aber selber niemals in Empfang nehmen!
Im Jahre 1997 trat der mittlerweile pensionierte Prälat Dr. Norbert Mussbacher, anlässlich der Vollendung seines 70. Lebensjahres, das Verleihungsrecht an seinen Nachfolger Abt Matthäus Nimmervoll ab, welcher die bisherigen Verleihungsgepflogenheiten mit kleineren Änderungen beibehielt. Als Verleihungsbegründungen kommen nach wie vor ehrenamtliche Tätigkeiten, zum Beispiel in der Verwaltung des Stiftes, ständige tätige Mithilfe bei der Finanzierung verschiedener Vorhaben bzw. Renovierungen des Stiftes in Betracht. Als Richtlinie für die Verleihung nach Sach- und Geldspenden gelten im Moment folgende Summen: für Bronze 300,- Euro, für Silber 450,- Euro und für das Ehrenkreuz in Gold 800,- Euro als Mindestspende. Unabhängig davon werden die allgemeinen Voraussetzungen (Religionszugehörigkeit, Würdigkeit, Volljährigkeit etc.) vor der Nominierung von den vorschlagenden Institutionen geprüft. Als solche kommen außerhalb des Stiftsbereiches neben allen Pfarren auch anerkannte humanitäre Organisationen in Fragen wie zum Beispiel das Rote Kreuz, die Caritas, die ÖASG usw.
Gestaltung der Dekoration
Das Ehrenkreuz des Stiftes Lilienfeld ist, dem Namen Lilienfeld entsprechend, ein heraldisches Lilienkreuz. Es wurde nach Vorentwürfen des Abtes Dr. Mussbacher von der Firma Friedrich Orth in Wien-Mariahilf ausgeführt. Der bekannte Hersteller ist übrigens nach wie vor der alleinige autorisierte Lieferant dieser Auszeichnung. Es gibt auch 15 mm - Miniaturen mit Band oder ohne für das Frackkettchen.
Die Vorderseite zeigt das Wappen des Stiftes Lilienfeld nach einer Zeichnung, die der bedeutende Lilienfelder Historiker P. Chrysostomus Hanthaler für sein Werk Fasti Campililensis Tomus I das im Jahre 1747 im Druck erschienen ist, anfertigte. Der von Infel und Stab timbrierte Schild zeigt drei goldene Lilien. Die lateinische Bezeichnung für Lilienfeld "Campililium", die Jahreszahl 1202 als Gründungsjahr des Zisterzienserstiftes, die gekreuzten Schlüssel des heiligen Petrus, die auf die Erhebung der Stiftskirche zur päpstlichen Basilica minor im Jahre 1976 durch Papst Paul IV. hinweisen, den Herzogshut zur Erinnerung an den Gründer des Stiftes Lilienfeld, Herzog Leopold VI. dem Glorreichen und schließlich die Jahreszahl 1230. Am St. Andreas-Tag, dem 30. November 1230, wurden Kloster und Klosterkirche von Lilienfeld durch Erzbischof Eberhard II. von Salzburg geweiht. Am gleichen Tag erfolgte die Beisetzung des Gründers, der am 28. Juli 1230 in Italien verstorben war, vor dem neugeweihten Hochaltar.
Die Rückseite des Ehrenkreuzes trägt das Wappen des Zisterzienser-Stiftes Marienberg im heutigen Burgenland. Der mit Infel und Stab timbrierte Schild zeigt die Muttergottes mit dem Jesuskind auf einem Dreiberg. Die lateinische Bezeichnung für Marienberg "Mons S. Mariae", die Jahreszahl 1194, in dem das Zisterzienser-Kloster vom ungarischen Freiherrn Domenicus Banus alias Bors, gegründet wurde und die Jahreszahl 1680. In diesem Jahr schenkte Graf Pál Ésterházy dem Stift Lilienfeld die Ruinen des 1532 völlig von den Türken zerstörten Klosters und einen Teil des ehemaligen Grundbesitzes. Seitdem wirken Lilienfelder Patres als Seelsorger im Kloster Marienberg.
Das Dekorationsband weist die Farben des Stiftes Lilienfeld - Blau und Gold - sowie die Farben des Abtes Dr. Norbert Mussbacher - Gold und Grün - auf. Zuerst wurde der Typ des 30 mm breiten Durchzugsbandes gewählt, jedoch wurde auf vielfachen Wunsch 1995 auf das in Österreich allgemein übliche Dreiecksband übergegangen. Das heute 40 mm breite, grünbordierte Band besteht aus drei gleich breiten Streifen in den Farben Geld-Hellblau-Gelb. Die zirka 30 cm x 42 cm (DIN A3) große Verleihungsurkunde ist in lateinischer Sprache abgefasst und neben der originalen Unterschrift des Abtes mit einem Papierprägesiegel versehen. Ein Verleihungsetui ist nicht vorgesehen.
Ehrenkreuz mit Miniatur - Vorderseite | Ehrenkreuz mit Miniatur - Rückseite | Verleihungsurkunde zum Ehrenkreuz in Silber |
Quellen & Literatur: |
Niederösterreichische Kulturberichte Nr. 12/1980 und Nr. 1/1983 |
Informationsblatt, das bei der Verleihung an jeden Beliehenen überreicht wurde, ohne Jahreszahl |
Brief des Abtes Matthäus Nimmervoll vom 6. Februar 1998 an das Generalsekretariat der ÖASG |
Jörg C. Steiner; Der Dank des Abtes - in: Orden und Ehrenzeichen, 25 Jahre B.D.O.S. Jahrbuch; Berlin 1999 |
Auskunft über neue Taxen durch Frau Mag. Karin Winter vom Stiftsarchiv, Dezember 2008 |